Grell, grotesk oder einfach nur surreal? Das literarische Schaffen des Basler Autors Jürg Laederach zu charakterisieren, ist keine einfache Aufgabe. Seine Texte gleichen auf den ersten Blick einem Wortgewirr, das ironisch jeglichen Gesetzen einer kohärenten Erzähltechnik widerspricht. Wer sich jedoch die Zeit nimmt, genauer hinsieht und beim stillen Lesen den Worten Laederachs mit seiner inneren Stimme zuhört, der erkennt darin kein Durcheinander, sondern vielmehr eine postmoderne aktuelle Sprachrhythmik.
Die Absurdität der realen Welt, die schon bei Laederachs literarischen Vorbildern, darunter Samuel Beckett oder André Breton, vorhanden sind, verfremdete der Basler Autor weiter bis zu einer verspielten und verzerrten Wortansammlung, die jedoch ungemein präzise einer mathematischen Formel mit rätselhaften Symbolen gleichend die Umwelt kennzeichnet. Das mathematisch-rhythmische ist eine Konstante im Oeuvre Laederachs, der neben Anglistik und Romanistik auch Musikwissenschaften und Mathematik an der Universität Basel studierte. Bereits seine frühe Erzählung «69 Arten den Blues zu spielen», 1984 bei Suhrkamp erschienen, berichtet gekonnt über die unnahbaren, unwirklichen Absurditäten des Lebens. Elemente, die das das gesamte Werk von Jürg Laederach durchziehen.
Nicht nur Erzählungen und Prosa hinterliess Laederach, sondern auch Hörspiele und Theaterstücke. Das Stück „Wittgenstein in Graz„, 1979 uraufgeführt, bespricht gekonnt den philosophischen Anspruch der Sprache, die Wirklichkeit adäquat beschreiben zu können – und dies hin bis zur Unkenntlichkeit der sichtbaren Welt. Die Worte verlangen vom Besucher des Theaters fast eine haptische Wahrnehmung von Laederachs Sprachmelodie, die sich von jeglicher Visibilität entfernt.
Im Alter von 72 Jahren ist Jürg Laederach verstorben. Das Wechselspiel zwischen Chaos und Ordnung, Wahrnehmung und Erkenntnis prägen die Texte Laederachs. Es sind Attribute, die man beinahe jeder Epoche zuschreiben kann und gerade deshalb das Schaffen von Jürg Laederach umso zeitloser erscheinen lassen. Mit seinem Tod verliert Basel einen seiner wichtigsten Autoren der Gegenwart.
Literatur von Jürg Laederach im „Basler Literarischen Archiv“ der UB Basel