Ein astronomischer Taschenkalender der frühen Neuzeit

Die UB Basel restauriert und digitalisiert das einzige erhaltene Exemplar des «Instruments der Sonnen» von Sebastian Münster.

Zum Bestand der UB Basel gehört das einzig erhaltene Exemplar des vom humanistischen Gelehrten Sebastian Münster (um 1488 – 1552) im Jahr 1528 veröffentlichten «Instruments der Sonnen» (Signatur UBH Km XI 13:3). Das «Instrument der Sonnen» ist ein astronomischer Kalender, gedruckt auf einem grossen Bogen Papier. Im Gegensatz zu den an Kirchen oder Rathäusern angebrachten mechanischen astronomischen Uhren ist das «Instrument der Sonnen» durch sein leichtes Material transportabel und war durch sein im Verhältnis kostengünstiges Material für ein breites Publikum erschwinglich.

Zum Gebrauch wurde das «Instrument der Sonnen», wie von Sebastian Münster selbst beschrieben «satt geleimt [.] uff eyn bapier / oder uff eyn tuch / dermassen / das es nit ußeinander gezogen wird und den gecirckelten linien nichts abgang an irer roende». Jemand muss in der Vergangenheit der Beschreibung Münsters gefolgt sein, denn das Basler «Instrument der Sonnen» ist auf mehrere Gewebestücke kaschiert (d.h. mit Gewebestücken verklebt). Allerdings wurde die historische Kaschierung auf den Gewebeträger wenig professionell ausgeführt, es sind dadurch extreme Verwellungen und teilweise grosse Falten über den Druck verteilt entstanden, die die Benutzung und Lesbarkeit und auch die Digitalisierung unmöglich machten. Neben diesem Schadensbild trugen zahlreiche mechanische (nutzungsbedingte) und biologische (durch Mäusefrass entstandene) Schäden zum schlechten Zustand des Objekts bei – alle Schadensbilder deuten darauf hin, dass das «Instrument der Sonnen» vormals rege genutzt, auf- und zusammengerollt und viel transportiert wurde (vgl. Abb. 5).

Dennoch wollten wir das Gewebe und das Papier im Zuge der Restaurierung nicht trennen, sondern wenn möglich beides zusammen erhalten. Gerade, weil Sebastian Münster beschrieben hat, dass der Druck erst aufkaschiert auf ein Gewebe wirklich zum Einsatz kommen kann, war es das erklärte, interdisziplinär formulierte Ziel der Restaurierung, den historischen Materialverbund zu erhalten. Auch im Hinblick auf die wasserlöslichen Farbmittel schien eine feuchtigkeitsarme Restaurierungsmethode sinnvoll.

Deshalb erfolgte eine sanfte, kontrollierte Befeuchtung des gesamten Objekts über 6 Stunden im Zedernholzrahmen. Der Zedernholzrahmen wird dabei mit Plexiglas abgedeckt. Dadurch entsteht eine Klimakammer mit Wänden aus Zedernholz. Zedernholz hat die Eigenschaft, Feuchtigkeit gut zu speichern und langsam und kontinuierlich abzugeben. Liegt das Objekt einmal in der abgedeckten Klimakammer kann ein Nachbefeuchten deshalb ganz einfach über ein Besprühen der Aussenwände des Zedernholzrahmens mit Wasser erreicht werden – die Feuchtigkeit dringt dann durch das Holz, die Luftfeuchtigkeit lässt sich regulieren, ohne die Kammer öffnen zu müssen. Gleichzeitig besteht durch Abdeckung mit Plexiglas eine gute optische Kontrolle des Objekts (vgl. Abb. 1).

Befeuchtung.
Abb. 1: Sanfte Befeuchtung im Zedernholzrahmen.

Durch die Behandlung konnte sich das Material entspannen und kontrolliert ausdehnen. Anschliessend erfolgte eine beschwerte Trocknung im Sandwich zwischen Polyestervliesen, Baumwollfilzen und Brettern (vgl. Abb. 2).

Skizze Trocknung.
Abb. 2: Anschliessende Trocknung im Sandwich.

Durch diese Massnahme konnten die Verwellungen und Falten im Objekt so gut wie vollständig entfernt werden. Im Anschluss daran wurden die mechanisch und biologisch geschwächten und teilweise ausgefransten Kantenbereiche des Objekts mit Japanpapier ergänzt. Dazu wurde eine Schicht von hauchdünnem Japanpapier leicht überlappend von der Rückseite auf das Objekt geklebt. Von vorne wurden die Fehlstellen als Intarsien aus Japanpapier passgenau eingearbeitet (vgl. Abb. 3 und 4). Die durch die Ergänzungen wiedergewonnene Festigkeit macht das Objekt auch für den Prozess der Digitalisierung handhabbar.

Detail vor der Restaurierung.
Abb. 3: Detailaufnahme des «Instruments der Sonnen» vor der Restaurierung. Vor allem die Kantenbereiche waren mechanisch und biologisch stark geschädigt.
Detail nach der Restaurierung.
Abb. 4: Detailaufnahme der gleichen Stelle nach der Restaurierung. Die geschädigten Kantenbereiche wurden mit einem leicht getönten Japanpapier ergänzt.

Die Restaurierung hat ein wichtiges Stück aus dem Bestand der UB Basel wieder zugänglich für die Benutzung gemacht und eine Digitalisierung ermöglicht (vgl. Abb. 5 und 6). Das Digitalisat des «Instruments der Sonnen» wird in Kürze auf der Plattform e-rara online einsehbar.

Lisa.Dittmann@unibas.ch

Vorderseite.
Abb. 5: Die Vorderseite des «Instruments der Sonnen» im Streiflicht vor der Restaurierung. Gut sichtbar sind die starken Verwellungen über die gesamte Bildfläche.
Vorderseite.
Abb. 6: Die Vorderseite des «Instruments der Sonnen» im Streiflicht nach der Restaurierung. Die Verwellungen sind plan gelegt, die geschädigten Randbereiche gesichert.

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