Forschungsdaten, der Terminus hätte durchaus das Potential zum Wort des Jahres gekrönt zu werden. Beinahe überall wird von Forschungsdaten gesprochen – vom Schweizerischen Nationalfonds, von Stiftungen, von swissuniversities und von den wissenschaftlichen Bibliotheken. Doch was sind eigentlich Forschungsdaten? Beginnen wir zur Klärung dieser Frage mit zwei Beispielen:
Der Student A studiert Geschichte und schreibt seine erste Proseminararbeit über die Fremdenpolizei in Basel während des Zweiten Weltkriegs. Dafür geht er ins Staatsarchiv Basel-Stadt und deckt sich in der UB mit der entsprechenden Fachliteratur ein. Er verfasst Exzerpte, erstellt Konzepte und führt eine Personenliste. Nachdem er genügend Material zusammen hat, beginnt er mit dem Verfassen eines Textes, den er schliesslich abgibt.
Die Studentin B schreibt ihre Dissertation in Medizin über die Auswirkungen eines spezifischen Medikaments auf das Knochenwachstum. Dafür legt sie sich eine Datenbank an und beginnt mit ihrer Feldforschung. Die Ergebnisse trägt sie gar in mehrere Datenbanken ein, schreibt eine erste Rohfassung, die sie nach einer Sitzung mit dem Professor nochmals überarbeitet. Nach der Endredaktion reicht sie ihre Dissertation ein.
Egal mit welcher Arbeitstechnik ich forsche oder welcher Fakultät ich angehöre, beim wissenschaftlichen Arbeiten produziere ich heutzutage digitale Daten, die ich für das Erstellen meines Endproduktes benötige. Man könnte auch sagen: Dank den zusammengetragenen Messdaten, Rohdaten, abgetippten Interviews, Abstracts oder Zusammenfassungen kann ich neues Wissen generieren. Als Sammelbegriff für all diese Daten, die zum Endprodukt führen, hat sich der Begriff «Forschungsdaten» eingebürgert. Salopp formuliert sind also Forschungsdaten alles was ich erstelle, um in einer Arbeit neue Ergebnisse zu produzieren. Das breite Spektrum, was Forschungsdaten alles sein können, zeigt, dass eine eindeutige Definition gar nicht möglich ist. Doch was passiert mit den Forschungsdaten nach der Abgabe der Dissertation oder der Proseminararbeit?

Nachhaltigkeit und Relevanz von Forschungsdaten.
Der überwiegende Teil der Forschungsdaten geht verloren. Dies bedeutet, dass sie für Forscherinnen und Forscher nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen, also nicht «nachgenutzt» werden können. Warum das ärgerlich ist? Ganz einfach: Wir alle haben schon Kolleginnen und Kollegen gefragt, ob sie vielleicht die Zusammenfassung vom Buch XY hätten, da man nicht ganze 800 Seiten durchackern will, nur um festzustellen, dass für meine These nichts Brauchbares vorhanden ist. Vielleicht habe ich Glück und die Zusammenfassung bringt mich nicht nur weiter, sondern spart mir eine Menge Zeit. Diese Zusammenfassung können wir nicht nur unter dem Stichwort «Forschungsdaten» subsumieren, sondern das Beispiel macht auch deutlich, wie wichtig Forschungsdaten schon im Kleinen sein können.
Übertragen wir dies auf ein grösseres Forschungsprojekt. In der Biochemie kostet eine Versuchsreihe gut und gerne schnell 25’000 Franken. Von meinen 15 Versuchsreihen sind nur 3 gelungen und werden publiziert. Falls jemand ein ähnliches Projekt an einer anderen Uni angeht und nicht auf meine 12 gescheiterten Versuchsreihen zugreifen kann, bedeutet das nicht nur Verlust von Wissen, massiven Zeitverlust und viel Arbeit, sondern kostet auch ungemein viel Geld. Daher muss mit den stetig wachsenden Forschungsdatenmengen auch die Zugänglichkeit sowie die nachhaltige Nutzung sichergestellt werden. Somit wird klar, dass die wissenschaftliche Kuration von Daten im Digitalen Zeitalter immer relevanter wird und die Bibliotheken als Informationsdienstleiser fordert! Wie Forschungsdaten aufbereitet werden, was ein Datenmanagementplan ist und welche Rolle die Bibliothek darin spielt, soll im nächsten Blogartikel erläutert werden!
noah.regenass@unibas.ch