Zu Gast in der Papiermühle Basel – die Varusschlacht aus Basler Perspektive

Abgesehen von grösseren Ausstellungen in den eigenen Räumlichkeiten nutzt die UB Basel an verschiedenen Orten auch einzelne Vitrinen, um darin im Wechsel Schätze aus ihrem immensen Bestand zu zeigen. Nebst der Vitrine, die unübersehbar beim Eingang zum grossen Lesesaal in der UB selbst steht, geniesst die UB mit der Vitrine «Gesammeltes Wissen – Die Bibliothek» sowohl Gastrecht im Historischen Museum Basel – aktuell bespielt mit einer Ausstellung zu Johann Joachim Winckelmann – als auch in der Papiermühle Basel mit der Vitrine «Die Universitätsbibliothek präsentiert». Die dort neu eröffnete Vitrine beschäftigt sich unter dem Titel «Basel sei Dank! Zur Überlieferung der «Historia Romana» des Velleius Paterculus» mit der Tradierung antiker Klassiker im frühen Basler Buchdruck.

Velleius Paterculus, ein Legionskommandant im Gefolge von Kaiser Tiberius, gehört zu den wichtigsten Geschichtsschreibern des alten Rom. Er hinterliess einen als «Historia Romana» betitelten historischen Abriss über die römische Geschichte vom Ende des Trojanischen Kriegs bis zur Zeit des Kaisers Tiberius, wobei das zeitgenössische Geschehen breiten Raum einnimmt. Sein Bericht stammt also aus erster Hand, was ihn für die Altertumsforschung besonders interessant macht.

Von herausragender Bedeutung ist daher auch der Bericht des Velleius Paterculus über die Katastrophe im Teutoburger Wald, als im Jahre 9 n.Chr. der römische Feldherr Publius Quinctilius Varus mit seinem ganzen Heer gegen die Germanen unter ihrem Anführer Arminius unterging. Es war eine der grössten Niederlagen, die das Römische Reich je erlitten hatte, und der Anfang vom Ende des Versuchs, Germanien zu erobern.

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Die gekürzte Abschrift des Textes von Velleius Paterculus von Amerbach. Universitätsbibliothek Basel, Signatur AN II 38

Trotz seiner Bedeutung als Chronist gehört Velleius Paterculus zu den nur schlecht überlieferten Geschichtsschreibern des Altertums. Der Text beruht auf einer einzigen, lückenhaften Handschrift aus dem 8. Jahrhundert, die der Humanist Beatus Rhenanus (1485–1547) 1515 im Kloster Murbach im Elsass fand. Rhenanus liess die Handschrift abschreiben. Nach dieser Abschrift erfolgte 1520/21 in Basel bei Johannes Froben die Erstausgabe im Druck (editio princeps).

Sowohl die Murbacher Handschrift wie auch die Abschrift, die Rhenanus anfertigen liess, sind verloren gegangen. Erhalten hat sich dagegen eine weitere, leicht gekürzte Abschrift eines anderen Rhenanus-Schülers, nämlich von der Hand des Basler Humanisten Bonifacius Amerbach (1495–1562). Diese Abschrift von 1516 sowie der Erstdruck bei Johannes Froben 1520/21 sind somit die einzigen Zeugnisse, die uns den für die römische Geschichte zentralen Text des Velleius Paterculus überliefern, so dass man zu Recht festhalten darf – Basel sei Dank!

lorenz.heiligensetzer@unibas.ch

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