Leonardo Da Vinci (1452-1519) – kaum ein Name ist selbst 500 Jahre nach dessen Tod so bekannt, wie jener des berühmten Universalgelehrten. Seine Bilder und Zeichnungen haben sich tief ins kollektive Gedächtnis eingeprägt, sind in Film und Fernsehen, in der Werbung oder gar in Computerspielen beliebte Sujets. Man geht dabei kaum zu weit, wenn man einige Werke gar als Mainstream tituliert, wenn selbst Celebrities vor dem Lächeln der Mona Lisa für Fotos auf Instragram und Twitter posieren. Neben diesen kommerziellen Auftritten Leonardos ist die Forschung zu Leben und Werke präsent und gleichsam aktiv – zum jüngst verstrichenen 500. Todestag sind pünktlich verschiedene Biographien, Aufsätze und Kataloge zu Da Vinci erschienen, worin neue Forschungsthesen präsentiert werden.
Und dann gibt es noch die Sammler von Kunst und Autographen. Jäger, die darauf warten, dass Werke Da Vincis auf dem Auktionsmarkt auftauchen. Diese genug seltenen Gelegenheiten heiss begehrte Sammlerstücke zu erwerben, werden dann selber zum Medienevent. Die gebotenen Preise für Da Vincis Werke, selbst für jene die lediglich als «Zuschreibung» beschrieben sind, werden gerne von Boulevardmagazinen gross verkündet. Ob es nun gut oder schlecht ist, Kulturgut in einem privaten Safe verschwinden zu lassen, steht selbstverständlich auf einem anderen Blatt. Sammeln und Kaufen ist aber kein Phänomen der jüngsten Gegenwart. Bereits Zeitgenossen haben für Werke Da Vincis hohe Preise bezahlt. Sein Oeuvre war schnell das Sammelhighlight für die eigene Kollektion!
So kam ein Autograph von Da Vinci auf die UB Basel, die als einzige Schweizer Gedächtnisinstitution ein Werk von des Meisters Hand besitzt. Es ist Teil der Autographensammlung Geigy-Hagenbach, die der Industrielle Karl Geigy-Hagenbach (1866-1949) angelegt hatte und welche seinerzeit als eine der erlesensten Autographensammlungen Europas galt. Nach dem Tod von Karl Geigy-Hagenbach erhielt die UB Basel einen Grossteil der Sammlung als Stiftung übertragen. Karl Geigy-Hagenbach war sichtlich stolz auf sein Leonardo-Autograph, bildete er es doch in dem von ihm 1929 publizierten Katalog ab. Es handelt sich um ein doppelseitig beschriebenes schmales Folioblatt, das auf beiden Seiten architektonische und geometrische Federzeichnungen aufweist, dazu auf der Rückseite einen italienischen Text von 33 Zeilen in der für Leonardo charakteristischen Spiegelschrift. Allerdings konnte Geigy-Hagenbach das Fragment weder datieren noch einer bestimmten Provenienz zuschreiben.
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Autograph Leonardo da Vinci; SIGN.: Autogr Geigy-Hagenbach 2080
Erst dem da Vinci-Experten Carlo Pedretti (1928-2018) sollte es schliesslich 1970 gelingen, das Fragment zu identifizieren. Es entstand in den letzten Lebensjahren Da Vinics 1517/18 in Frankreich und ist verbunden mit dem Auftrag des französischen Königs Franz I. an Leonardo, im kleinen Ort Romorantin südlich von Paris eine neue königliche Residenz zu bauen. Das Fragment war später Teil des «Codex Atlanticus» – ein Konvolut von rund 400 Blättern in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand, die schon im 16. Jahrhundert aus einer Reihe von Notizbüchern Leonardos herausgeschnitten und wieder zusammengeklebt worden waren -, und zwar ein aufklappbares Teil zu einem grösseren Blatt (fol. 44), wovon es später abgetrennt wurde.
Werke von Da Vinci zu beschreiben ist immer eine besonders schwierige Angelegenheit – auch für dieses kleine Autograph. Passende Worte, die den Charakter seines Werkes erfassen, wirken schnell überhöht, affektiert, zuweilen gar kitschig. Daher soll dieses schöne Autograph der UB für sich selber sprechen. Und zum 500-jährigen Todestag von Leonardo Da Vinci ist es ein passender Anlass, solche Schätze über den Blog zu präsentieren!
Literaturhinweise:
Carlo Pedretti: Leonardo da Vinci: Manuscripts and drawings oft the French period 1517-1518, in: Gazette des beaux-arts, Nr. 76, November 1970, S. 285-318.
Joseph Gantner: Neue Probleme um Leonardos «Codex atlanticus», in: Neue Zürcher Zeitung vom 17./18.11.1979, Nr. 268, S. 65.
noah.regenass@unibas.ch und lorenz.heiligensetzer@unibas.ch