D'Fasnacht stoot vor dr Düür

Aus der Basler Bibliographie. Die Basler Fasnacht beginnt in wenigen Tagen – aus manchen Gassen hört man des Abends die Cliquen beim Üben, diverse Vorfasnachtsveranstaltungen sind bereits wieder passé. Während sich Basel seiner grossen Fasnachtstradition (zu Recht) rühmt, wird seit einigen Jahren landauf landab Fasnacht gefeiert. Für protestantische Orte ist dies ein neues Phänomen, da dort die Fasnacht mit der Reformation abgeschafft wurde. Nix mehr mit Lustig, nix mehr mit katholischem Schabernack, so das Votum einiger Reformatoren. Auch in Basel war das närrische Treiben kurzerhand nach den Umbrüchen von 1529 verboten worden. Anscheinend haben sich die Baslerinnen und Basler so wenig darum geschert, dass man doch recht saftige Bussen (bis zu 5 Pfund Strafe für das Verkleiden und Tanzen) einführte, um dem Feiern auf den Strassen ein Ende zu setzten. Letztlich konnte sich die Obrigkeit nicht durchsetzen und so hat Basel die einzige protestantische Fasnacht mit Tradition! Zahlreiche Bilder und Berichte erzählen von der Fasnacht im 20. Jahrhundert, greifen dabei gerne bis in die Frühe Neuzeit zurück. Aber wie war die Basler Fasnacht denn im Mittelalter?

Das Aquarell des Malers Stephan Hess zeigt die Fasnacht in Basel aus dem Jahr 1843.

Die Basler Fasnacht vor der Reformation

Was wissen wir denn eigentlich über die Fasnacht vor 1529? Wie lange in Basel schon Fasnacht gefeiert wird, ist nicht bekannt. Die älteste Quelle, worin die Fasnacht auch als Festtermin hier am Rheinknie genannt ist, stammt aus dem Jahr 1376. Zuvor war die Fasnacht mehr als Rechtstermin für Zinszahlungen lokal nachweisbar. Man darf allerdings davon ausgehen, dass sich mancherorts (u. a. Paris) Feierlichkeiten im Zusammenhang mit der anstehenden Fastenzeit bereits im Frühmittelalter (und noch früher…) etablierten. Gerade in Paris ging es wirklich wild zu und her, da wurde bei der Eselsmesse ein Eselsbischof (meistens ein Kind) ernannt, man tanzte auf den Altären und schmiss mit Tierfäkalien um sich. Mit Blick auf die kommenden strengen Fastentage drückte der Klerus meistens ein Auge zu. In Basel war es sicher gemässigter – die Fasnacht war bis zum Ende des 14. Jahrhunderts mehr ein grosses Gelage mit dazugehörenden Tänzen, Spielen und zum Teil auch mit Turnieren, als ein maskierter Umzug.

Turnier zur Fastenzeit waren übliche Festaktivitäten. Wie hier in Zofingen anno 1361 (aus dem Luzerner Schilling).

Teufel, Ziegenböcke, Narren und Meier!

Im 14. und 15. Jahrhundert finden sich in den lokalen Quellen (insbesondere in den Rufbüchern der Stadt Basel) Gebote und Verbote der Obrigkeit für die Basler Fasnacht. Insbesondere das Verkleiden ist thematisiert. Das Verbot „inn Butzen wysz gon„, also in Butzenweise herumzugehen (stammt von „verbutzen„, was soviel wie verkleiden heisst), wurde kaum allzu ernst genommen. Die Verhüllung des Gesichts war aber aber noch länger tabu, wie man Mitte des 15. Jahrhunderts dem Rufbuch entnimmt. Es sei verboten „jrr Angesicht Mit Böggen/Butzen Antligeren (…) nit Verstellen noch Verbutzen“ (das Gesicht nicht mit Böcken-/Butzenantlitzen zu verändern oder zu verkleiden). Spezifische Verkleidungen galten als besonders anstössig. So wird in den 1470igern angemerkt, „dz niemand jn Böcken wise noch in Göler wise oder in tüfels hüten louffen solle (…)“ (dass niemand in Bocks- oder Narrenweise oder Teufelshäuten herumlaufen solle). Obsolet zu betonen, dass dieses Verbot für den Tag und die Nach galt. Andere Kostüme waren offenbar weniger problematisch, wie das Kostüms eines „Meiers“, das am Tage erlaubt war. Beliebt war ebenfalls der Rollentausch unter den Geschlechtern: Männer trugen Frauenkleidung und umgekehrt – verkehrte Welt also!

Illustration aus dem Roman de Fauvel, Frankreich, 14. Jh. Die Verkleidung wird in Basel ähnlich ausgehen haben.

Über die Stränge schlagen…

Dass die ausgelassene Stimmung durchaus kippen konnte, wusste auch die Obrigkeit im 15. Jahrhundert. So verbot man während der Fasnacht das Tragen von Waffen. Explizit genannt werden Schwerter, Messer, Degen und Gewehre. Die Böse Fasnacht von Basel 1376 hatte schliesslich gezeigt, welche fatalen Folgen ein Handgemenge haben konnte. Dennoch tauchen immer wieder Schlägereien aufgrund von Ehrverletzungen und wohl übermässigen Alkoholkonsum in den Akten auf. Nicht nur Prügeleien, sondern auch andere Vergehen wurden geahndet: Gotteslästerei, Urinieren vor Menschengruppen, das „lästerliche Grimassenschneiden und Feixen“ oder das Herumbrüllen des Nachts. Spezifisch ermahnt wurden die Handwerker, dass sie sich nicht gegenseitig betrunken in die Brunnen werfen sollen – anscheinen ein beliebter Fasnachtsklamauk unter Handwerksgesellen…

Die drey scheenschte Dääg!

Lies man die Quellen zur Basler Fasnacht wird eines deutlich: Schon im Mittelalter bot das Fasnachtstreiben die Befreiung aus fixierten-gesellschaftlichen Rollen, um Grenzen auszuloten. Ein zutiefst menschliches Bedürfnis also, das auch heute nichts von seiner Aktualität eingebüsst hat. Vielleicht wird daher überall Fasnacht gefeiert?

Interessiert an mehr Literatur zur Basler Fasnacht? Dann geht’s HIER direkt in die Basler Bibliographie! Selbstverständlich werden in den nächsten Tage einige Bücher zur Fasnacht in der Basiliensia Leseecke aufgestellt sein!

noah.regenass@unibas.ch

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