Wie kommen Bücher eigentlich auf Plattformen wie e-rara für alle zugänglich ins Netz? Der Weg vom Buch zum Digitalisat läuft über verschiedene Stationen. In einer losen Blog-Serie sollen diese Stationen anhand der Digitalisierung des Basler Talmuds – eines der Schätze der UB Basel – dargestellt werden. In den ersten Beiträgen ging es um die Frage, was der Talmud ist, und was den Basler Talmud besonders macht. Nun verfolgt die Blog-Serie den Weg des Basler Talmuds auf seinem Weg bis ins Web – von der Bestandserhaltung, über die Digitalisierung bis zur Veröffentlichung.
Möglichkeiten für die Nutzung der digitalen Version
Nachdem der Basler Talmud durch den ganzen Prozess der Digitalisierung – von der Idee bis zur Veröffentlichung – gegangen ist, steht einer Verwendung des fertigen digitalisierten Produkts nichts mehr im Weg. Dieser Blogeintrag soll ein paar verschiedene Nutzungsmöglichkeiten der Digitalisate andeuten. An erster Stelle steht der direkte und freie Zugang auf die Digitalisate. Interessierte können somit aus der ganzen Welt mit einem Klick einen Blick in das Werk wagen – bequem von zu Hause aus. Über den Katalog wird man via Link auf die Plattform e-rara verwiesen und kann so direkt auf die Digitalisate zugreifen.

Neben der interessierten Öffentlichkeit wäre die Nutzung der Digitalisate auch für andere Bibliotheken denkbar, beispielsweise zur Erkennung von Druckvarianten. Die Bodleian Library hat eine mögliche Druckvariante in einer ihrer Ausgaben des Balser Talmuds bereits dokumentiert. Einer weiteren Untersuchung steht nun nichts mehr im Weg. Mit der digitalen Version lassen sich auch Erklärungen anhand von Visualisierungen verdeutlichen. Zum Beispiel der Aufbau der verschiedenen Schichten einer Talmudseite welche im ersten Teil dieser Blogserie beschrieben wurde. Diese Visualisierung erlaubt den Beschrieb des Aufbaus direkt auf einer digitalisierten Seite.
Hier eine Visualisierung, die sowohl die Verwendung verschiedener Typen beim Druck des Basler Talmuds als auch einen Eingriff der Zensoren zeigt.
Besonderheiten des Basler Talmuds
Auch die speziellen Eigenschaften des Drucks lassen sich nun noch genauer untersuchen. Da wäre zum einen die Verwendung unterschiedlicher Schriften für die verschiedenen Schichten des Talmuds, auf der anderen Seite die Eingriffe durch die Zensur, welche die Basler Ausgabe so besonders machen. Seit dem Verfassen des zweiten Blogeintrags, der sich diesen beiden Themen widmete, sind auch die Recherchen dazu weitergegangen. Die Zensurbehörden in Basel hatten den Druck des Traktates über Götzendienst, ʿAvoda Zarah, unterdrückt. Dieses erschien gesondert ca. 1580 in Krakau. Die Bodleian Library hat es in ihrem Katalog verzeichnet.
Neben der Zensur, die einzelne Worte, Passagen oder gar ganze Traktate verbot, weist die Basler Ausgabe des Babylonischen Talmuds eine weitere Besonderheit auf. Die Zensur bestand nicht nur aus Kürzungen, sondern auch aus Änderungen und sogar aus Zusätzen, in welchen die Zensoren bei bestimmten Stellen belehrend ihre, also die christliche Lehrmeinung, hinzufügten. Bereits 1899 hat Popper diese in seiner Forschung erwähnt. Eine solche Ergänzung durch die Zensoren findet sich zum Beispiel bei Bava metsiʿa 24a. Zum Kommentar «Wer in der Synagoge oder im Schulhaus Geld findet, soll es für sich selbst behalten, denn es wäre unmöglich zu entscheiden, wer der wirkliche Eigentümer ist.» hat der Zensor ergänzt: «Das ist es, was eure Lehrer lehren; das Christentum zwingt die Christen dazu, den Fund eines jeden Artikels öffentlich zu machen».

Mit den Digitalisaten lassen sich solche Änderungen und Zusätze nun finden, ohne dass man die Bände vor Ort anschauen muss. Einer tieferen Untersuchung der Eingriffe durch die Zensoren steht also nichts mehr im Weg. Im Moment braucht es noch eine Prise Glück, damit diese Texte von Talmudgelehrten auf der ganzen Welt gefunden werden.
Der weiteren Nutzbarmachung der Digitalisate sind kaum Grenzen gesetzt. Denkbar wäre, dass die digitalisierten Bildseiten noch mit einem Volltext hinterlegt werden, sodass diese bei einer einschlägigen Suche nach Zitaten ebenfalls gefunden werden. Dies wäre ein weiterer Schritt in der Digitalisierung, wenn auch ein sehr aufwändiger. Daran anschliessend wäre auch an eine vollständige Transkription oder gar eine Edition mit kritischem Apparat zu denken. Doch immerhin ist nun der erste Schritt vollbracht, die Bilddaten sind mit sehr akkuraten Metadaten publiziert und das Projekt kommt damit zu einem vorläufigen Abschluss.
c.langenegger@unibas.ch
Schönes Beispiel wie Digitalisierung uns auch helfen kann Wissen zu demokratisieren!