Zolli-Elefanten bei der Arbeit

Ein Gastbeitrag zum kommenden UB-Themenabend am 27.01.2021 von der Historikerin und Zoo-Archivarin Louanne Burkhardt. Sie publizierte zum Zolli jüngst das Buch „Der Zoologische Garten Basel 1944-1966“ in der Reihe der GGG-Neujahrsblätter .

Starker Schnellfall, wie wir ihn in Basel in diesem Monat wieder einmal erlebten, war vor 60 Jahren nichts Aussergewöhnliches. Nicht ungewöhnlich war es auch, dass der Zolli für die Bewältigung der Schneemassen seine Elefanten einspannte. Die Elefanten halfen beim Schneepflügen oder bei der Befreiung eingeschneiter Autos auf dem Zolli-Parkplatz. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden die Elefanten immer wieder für diverse im Zoo anfallende Arbeiten eingesetzt. Insbesondere die Bullen halfen mit, wenn Bäume gefällt oder schwere Gegenstände transportiert werden mussten.
Im Zoo war man überzeugt, dass sich Beschäftigungslosigkeit und Bewegungsmangel negativ auf die Gesundheit der Elefanten auswirkten. Deshalb wurden mit den Tieren regelmässig Ausflüge in den nahe gelegenen Allschwiler Wald unternommen, wo die Elefanten frei herumlaufen durften. Die Elefantengruppe verliess das Zoogelände aber auch in Richtung Innenstadt: Auf dem Weg zur Markthalle, wo die Tiere einmal monatlich gewogen wurden, spazierten sie zur Freude der Basler Bevölkerung mitten auf der Strasse.

Ein Elefantenbulle zieht am 10. Januar 1962 unter Anleitung des Tierpflegers Werner Behrens auf dem Zolli-Parkplatz einen alten Fiat aus dem Schnee (Paul Steinemann), Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1001 A 1.29.4

Als 1952 fünf junge Afrikanische Elefanten aus Tansania in Basel eintrafen, hatte man im Zolli weder Erfahrung mit männlichen Elefanten noch mit der Haltung einer ganzen Elefantengruppe. Mit Werner Behrens engagierte der Zolli deshalb einen Spezialisten aus Hamburg, der die Elefanten dressieren sollte. Um eine gefahrlose Haltung zu ermöglichen, wurden den Jungtieren einfache Kommandos beigebracht. Schon bald konnten die Elefanten auch auf Podeste steigen, sich drehen oder hinsetzen. Zur Freude des Zoopublikums wurden die Kunststücke öffentlich vorgeführt: «[W]ir sehen immer mit Genugtuung, mit welcher Freude und Arbeitslust sie zur Manege ziehen, um dort ihr Dressurprogramm zu absolvieren» (Lang, Ernst: Unsere dressierten Afrikaner, in: Bulletin des Zoologischen Gartens Basel 6, April 1961, S. 12.), schrieb Zolli-Direktor Ernst Lang 1961 und projizierte dabei das menschliche Konzept der intrinsischen Arbeitslust auf die Tiere.

Im Zolli war man überzeugt, dass insbesondere die männlichen Elefanten nur dank der strengen Dressur und dem hohen Arbeitspensum als ungefährliche Tiere gehalten werden konnten. Dieses Konzept ging allerdings nur so lange auf, bis die beiden Basler Bullen geschlechtsreif wurden. Dann zeichnete sich schnell ab, dass eine Haltung im Herdenverband trotz aller Bemühungen nicht möglich war. Die Elefanten begannen die Tierpfleger anzugreifen und es kam zu Unfällen.

Heute steht das Zoopersonal mit den Elefanten nicht mehr im direkten Kontakt. Den Tieren soll ermöglicht werden, ihr natürliches Sozialverhalten im Matriarchat auszuleben. Zum Zweck der Pflege und Gesundheitsüberwachung werden die Tiere nach wie vor trainiert, allerdings ohne dass dabei Kunststücke eingeübt werden. Für Beschäftigung sorgen heute weder Arbeitseinsätze noch Stadtspaziergänge, sondern unter anderem die abwechslungsreich gestaltete Anlage, auf welcher die Tiere über die Futtersuche ständig in Bewegung gehalten werden sollen.

Das Beispiel der Elefantenhaltung zeigt, wie sich die menschliche Beziehung zu den Tieren verändert: Den Besucherinnen und Besuchern wird heute im Zoo das natürliche Verhalten der Elefanten zu zeigen versucht – ohne Interaktion mit dem Menschen. Indem die Tiere als Botschafter ihrer bedrohten Artgenossen in der Natur präsentiert werden, wird ihnen eine neue Bedeutung zugeschrieben.

Louanne Burkhardt

Zum Zolli und zur Tierhaltung in den Jahren 1944-1966 findet am 27.01.2021, um 18.00 Uhr, ein UB-Themenabend statt (LINK).

  1. Äusserst anregende und unterhaltsame Lektüre! Man sehnt sich nach einem offenen Zolli, in dem man auch die Elefanten wieder live vor Ort bewundern kann.

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