Zum 125. Jubiläum des ersten Zionistenkongresses in Basel

Eine Entdeckungsreise in den Beständen der Universitätsbibliothek Basel

Vom 29. bis zum 31. August 1897 fand in Basel der erste Zionistenkongress statt. Von insgesamt 22 durchgeführten Kongressen vor der Staatsgründung Israels 1948 wurden 10 in Basel gehalten, neben dem ersten 1897 auch der letzte 1946. Basel wurde damit zu einem wichtigen Ort für den Zionismus und hat auch seinen Niederschlag in der Mythenbildung rund um den Zionismus und die Staatsgründung Israels gefunden. Am 3. September 1897 schrieb Theodor Herzl, der erste Präsident der Zionistischen Weltorganisation und Symbolfigur für den Zionismus, in sein Tagebuch: «Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen.» Dazu passt die ikonisch gewordene Aufnahme von Herzl 1901 auf dem Balkon des Hotel «Drei Könige» mit der Mittleren Brücke im Hintergrund. Noch heute erkundigen sich viele Touristen nach genau diesem Balkon und Herzls Zimmer – dem River Room Herzl. Auch auf der israelischen Landkarte ist Basel gut vertreten. Die meisten Städte, darunter Jerusalem, Tel Aviv, Be’er Scheva, Herzlia, Petach Tikwa, Bat Jam, Cholon und Pardes Hana-Karkur, haben eine Baselstrasse aufzuweisen. In Haifa lädt immerhin der Basel Burger zum kulinarischen Abenteuer ein.

Die Baselstrasse in Tel Aviv.
Das berühmte Bild Herzls auf dem Balkon des Hotel Trois Rois (Bestand „Jüdisches Museum Schweiz“)

Was aber hat der Zionistenkongress mit Basel und genauer mit der Universitätsbibliothek Basel zu tun? Die reiche jüdische Geschichte Basels, die bis in die Zeit der Römer zurückreicht, sowie der Fachbereich an der Universität machen die Jüdische Studien zu einem Sammlungsschwerpunkt der UB Basel. Selbstverständlich gehört dazu auch die Literatur von und über die Zionistenkongresse und den Zionismus. Das Thema ist quasi ein Basiliensium für sich, als Teil der Geschichte der Stadt und der Region. Dies war bereits den Zeitgenossen bewusst. Der Universitätsbibliothekar Dr. I. Schneider fragte bei Theodor Herzl am 18. August 1899 an, ob dieser ihm die Publikationen des Zionistenkongresses, die bisher im Bestand der Universitätsbibliothek Basel fehlten, zukommen lassen würde. «Wir legen umso mehr werth darauf, diese Literatur zu besitzen, als in Basel, dem Sitze des Zionistenkongresses, das Interesse für die Litteratur [sic] desselben stets rege sein wird.»[1] Herzl versichert in seiner Antwort vom 19. August 1899 der UB Basel, dass er ihr sämtliche Publikationen der Zionistischen Bewegung zur Verfügung stellen wird, sofern sie für ihn greifbar sind. Aber nicht nur das, auch die Landes-Comités sollten ihre Druckwerke der UB Basel zusenden und die bisherigen Jahrgänge der zionistischen Zeitschrift «Die Welt» wurden ebenfalls in Aussicht gestellt. «Wir sind der Stadt Basel zu grossem Danke verpflichtet, dass wir jede Gelegenheit mit Freuden benützen, dies, wenn auch im bescheidenen Masse unserer Kräfte, zu beweisen»[2], so Herzl. Das Eingangsbuch der UB Basel verzeichnet für den September 1899 entsprechende Schenkungen des Zionisten-Kongress Bureaus in Wien und der Zionistischen Vereinigung für Deutschland. Die Broschüren, Flugblätter und Protokolle sowie die Zeitschriftenhefte finden sich heute unter den Signaturen FB XI 34 Nr. 7-16 und FR XII 1. Damit war der Grundstein für die Sammlung, die seither kontinuierlich aufgebaut wird, gelegt.

Der Brief Herzls an Dr. Schneider während der Bearbeitung auf Transcribus

2022 wurde es unternommen, die Bestände der UB zu den Basler Zionistenkongressen einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Dazu fanden sich Prof. Dr. Erik Petry vom Zentrum für Jüdische Studien und das Fachreferat-Team Digital Humanities zusammen und organisierten ein Forschungsseminar, das fortgeschrittenen Studierenden ermöglichte, die Bestände mit den Tools der Digital Humanities zu erforschen und ihre eigenen Fragestellungen und Projekte zu bearbeiten. Ergänzt wurden die Bestände der UB auch durch passende Bestände des Jüdischen Museums der Schweiz. Dies gab den Studierenden einen umfassenden Einblick in das greifbare Quellenkorpus. Die Inhalte des Forschungsseminars waren, neben den grundlegenden Kenntnissen in Recherche, Katalog- und Normdaten sowie Forschungsdatenmanagement, auch konkrete Anwendungen der Digital Humanities wie Digitales Storytelling, Geoinformationssysteme, Transkription, Textanalyse und Visualisierung. Aber auch Inputs externer Vertreter wie GoFind fanden Platz. Ein Highlight war auch die Besichtigung des Digitalisierungszentrums der UB Basel, der bleibenden Eindruck hinterliess.

Die Zwischenresultate der Forschungsprojekte wurden in einer kleinen Abschlusstagung präsentiert und werden im Verlaufe der nächsten Monate auf digital präsentiert. Damit die spannenden Bestände und die Forschungsresultate auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden.


[1] Brief der Universitätsbibliothek vom 18.8.1899 an Theodor Herzl abgedruckt bei P. Heumann, Israel entstand in Basel, Zürich 1997, Abb. 11.

[2] Brief von Theodor Herzl an die Öffentliche Bibliothek der Universität Basel vom 19.8.1899. https://swisscollections.ch/Record/991170458769905501.

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