Mehr als nur ein Gebäude! Der Planungskredit für einen Neubau der UB auf der Hebelschanze ist beantragt.

Die Freude war gross, als die Nachricht seitens Kanton und in der lokalen Presse publiziert wurde: Der Planungskredit des UB-Neubaus auf der Hebelschanze ist beim Grossen Rat beantragt! Errichtet werden soll ein neues Gebäude für die fachgerechte Aufbewahrung und Pflege der historischen Bestände, die bis ins 8. Jahrhundert zurückreichen. Der Grund für den Neubau: Das bestehende Gebäude der UB von Otto Senn muss nach einer Nutzungsdauer von über 50 Jahren denkmalgerecht totalsaniert (u.a. Massnahmen zur Erdbebenertüchtigung) werden. Dafür sind tiefe Eingriffe in die bestehende Bausubstanz erforderlich. Das ist unter laufendem Betrieb der UB und ohne Auslagerung der Buchbestände und vor allem des wertvollen Sonderbestands nicht möglich. Die Sanierung des UB-Hauptgebäudes ist nicht Teil des vorliegenden Ratschlags, sondern wird dem Grossen Rat zu einem späteren Zeitpunkt als eigenes Projekt vorgelegt. Zunächst geht es um den Kredit für den Neubau an der Hebelschanze und für die denkmalgerechte Sanierung und Erweiterung des danebenliegenden Bernoullianums.

Der Kopfbau der UB Basel. Fotografie von Marc Niedermann.

Wichtig ist hierbei eines unmissverständlich hervorzuheben: Beim neuen Gebäude geht es um nichts Geringeres als um Erhalt und Sicherung des schriftlichen kulturellen Erbes unserer Stadt und der Region Basel. Die historischen Sammlungen der UB Basel bilden die Fundamente unserer Identität und sind, gleich wie Basels Vergangenheit, von europäischem Rang. Dies darf ohne Zögern so ausgesprochen werden. An der UB liegen die Schriften des grossen Humanisten Erasmus von Rotterdam, der u.a. mit seinem Novum Instrumentum die Bibelübersetzungen massgeblich prägte, oder die Texte Sebastian Castellios, der die Forderung nach religiöser Toleranz erstmals zu Papier brachte. Viele weitere, meist unikale Schätze, wie bedeutende Koranübersetzungen, die Lebensbeschreibung von Thomas Platter, das älteste Abbild Amerikas oder der erste gedruckte Stadtplan von Paris, liegen hier fein säuberlich in den Magazinen.

Ein prunkvoller Ausschnitt aus einem Stundenbuch aus dem Bestand der UB. Das Buch entstand im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts in Norditalien. Die Handschriftensammlung der UB gehört zu den bekanntesten ihrer Art.

Sie alle sind ein Teil der Historischen Sammlungen, die u.a. rund 300’000 Alte Drucke (vor 1850), circa 10’000 Buchhandschriften, 35’000  Karten und 150’000 Bilder sowie zahlreiche Nachlässe und Briefsammlungen umfassen. Der Bestand mittelalterlicher Kodizes mit rund 1750 Bänden repräsentiert die schweizweit umfangreichste Sammlung. Auch die grösste Porträtsammlung von Basler*innen und Basler wird an der UB aufbewahrt und kuratiert. Man könnte die Liste endlos weiterführen.

Die Ansichtensammlung von Franz LaRoche beinhaltet seltene Landschaftsansichten vom Nahen Osten, u.a. Jerusalem und Syrien aus dem 19. Jahrhundert. Vieles davon wurde in Konflikten zerstört, wodurch diese Fotos zur einzigartigen Quelle wurden.

Dieses bedeutende Kulturerbe dürfen wir nicht leichtsinnig Gefahren aussetzen, wie dies aktuell leider der Fall ist: Die Magazine aus den späten 60er Jahren können die Sicherheit dieser Kulturgüter nicht mehr vollumfänglich gewährleisten. Trotz grossem Einsatz der Uni-Facilities und UB-Mitarbeiter*innen, ist das Gemäuer mit über 50 Dienstjahren sanierungsbedürftig und entspricht nicht mehr den heutigen Standards. Wer Bibliotheken baut und kennt, der weiss, dass Bibliotheksgebäude ohne komplette Totalsanierung und z.T. Aushöhlung ihre Funktion kaum länger als 20-30 Jahre wahrnehmen können. Die UB hat diese Grenze somit schon fast 20 Jahre überschritten. Dabei reicht Instandhaltung selten allein für alle Bereiche und Bestände einer Bibliothek: Neben den Anforderungen an die Magazine verändern sich auch die Bedürfnisse der Nutzer*innen. So ist abgesehen vom Neubau ebenso die Notwendigkeit von funktionalen Veränderungen am „alten“ Gebäude von Otto Senn aus den 60er Jahren geplant. Nicht erst seit der Pandemie rückte der Mensch mit seinem von Kommunikationsprozessen beeinflussten Wirken in den Mittelpunkt einer Bibliothek und verleiht ihr ein verändertes Gesicht. Parallel spielen auch das Zusammenwirken von digitalen und analogen Räumen, sowie die Sichtbarkeit von virtuellen Medien und Informationen und deren Verfügbarkeit eine gewichtige Rolle.

Ein „Bestseller“ aus Basler Pressen. Das berühmte „Narrenschiff“ von Sebastian Brant.

Und last but not least: „Bereiche des Vorplatzes vor dem Bernoullianum bis zur Mittleren Strasse sowie ein Teilbereich entlang der Schönbeinstrasse [sollen] entsiegelt und begrünt werden.“ (Link zur Medienmitteilung des Kantons Basel-Stadt)

Die Universitätsbibliothek Basel, mit ihrer über 550-jährigen Tradition, ist mehr als eine Büchersammlung. Sie ist integraler Bestandteil unserer Basler Kultur im Herzen Europas. Dank des Neubaus auf der Hebelschanze können wir diese Tradition bewahren, weiter erforschen und für die Zukunft weiterentwickeln.

noah.regenass@unibas.ch

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