Afghanistan – dieses bergige Land, das an der Schnittstelle zwischen Süd-, Zentral- und Vorderasien liegt – ist uns hier in der Schweiz nah und gleichzeitig doch sehr fern. Man assoziiert Afghanistan in unseren Breitengraden mit schweren Krisen und schrecklichen Kriegen. Die Bilder aus der jüngsten Vergangenheit gingen um die Welt. Soviel zur Nähe zu Afghanistan. Dagegen ist uns Afghanistan selbst, seine Geographie, Identität und Geschichte weitgehend unbekannt, oder eben sehr fern. Dabei blickt Afghanistan auf eine unendlich reiche Vergangenheit, die weit zurückgeht bis ins Reich des antiken Persiens. Mit Europa trat Afghanistan nachweislich durch Alexander den Grossen in Kontakt, dessen erste Frau Roxane aus dem afghanischen Balkh stammte. Man könnte viele Fakten und Daten sowie weitere historische Momente Afghanistans aufzählen, nur Wenigen würde dies wirklich etwas sagen. Allenfalls ist den eifrigen Lesern von Sherlock Holmes Krimis noch bekannt, dass Dr. Watson sich seine Kriegswunde in Afghanistan zuzog, als die Briten im 19. Jahrhundert in Afghanistan kämpften. Der Verlust an Kultur und der eigenen Geschichte ist mit der jüngsten Vergangenheit Afghanistans untrennbar verbunden. Spätestens seit Weihnachten 1979, als Russland in Afghanistan einmarschierte, drehte sich die Spirale der Gewalt immer weiter, bis heute. Und die Schönheit und die Kultur dieses Landes, rücken weiter in die Ferne.

Die Bibliotheca Afghanica, die von Paul und Veronika Bucherer-Dietschi 1975 gegründet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, setzt sich zum Ziel, diese ferne Kultur Afghanistans zu dokumentieren und zu bewahren. Neben Büchern und wichtigen Nachlässe aus den vergangenen zwei Jahrhunderten, sammelt die Bibliotheca Afghanica auch Bilddokumente, die den verschiedenen Bilderstürmen entgangen sind, ebenso weitere Artefakte und nicht zuletzt sogenannte «Graue Literatur» aus der Zeit des Widerstands gegen die Sowjets. Anno 1983 wurde die Bibliothek in eine Stiftung umgewandelt und im Jahr 2000 nach Bubendorf BL überführt.
40 Jahre später übernimmt nun die Universität Basel diesen einzigartigen Schatz afghanischer Kultur und Geschichte und wird diesen in den Magazinen der Universitätsbibliothek weiter pflegen, ausbauen und erforschen. Der Umfang und die Einzigartigkeit verschiedener Stücke, die nur von der British Library übertroffen werden, sind nicht nur für Historiker*Innen und für die Nahoststudien interessant, sondern ebenso für die Medien- und Religionswissenschaften sowie die Kunstgeschichte.

Die Übernahme der Bibliotheca Afghanica durch die Universitätsbibliothek Basel ist ein Glücksfall und zugleich auch ein Zeichen der Kontinuität im Sammlungskonzept, da sie «eine wichtige Ergänzung zur Bibliotheca Indica von Alfred Sarasin darstellt, die bereits im Eigentum der Universitätsbibliothek ist und von Forscherinnen und Forschern aus aller Welt geschätzt und genutzt wird», so Dr. Alice Keller, Direktorin der Universitätsbibliothek Basel.